1957c Knicklandschaft Aus sp

Landschaftsbeschreibung

 

1780
Die Landschaft umher [d.i. um den Schierenseer Heeschenberg] vereinigt alle Annehmlichkeiten der ländlichen Natur in bescheidener Einfalt. Keine prächtige, der Bewunderung oder des Erstaunens würdige Gegenstände, keine Gebürge, keine Felsen, keine von ihnen herabhängende Wälder, keine Aussichten auf die Unermeßlichkeit des Meers. Aber dagegen alles, was den Charakter der angenehmsten Landschaft bilden, was sanfte Ruhe und reine Naturfreuden einflößen kann. Ueberall umher beständige Abwechselung und Unterbrechung von Anhöhen und Vertiefungen, einzelnen Bäumen und Gruppen, Waldungen und Gebüschen, eingezäunten Wegen und Feldern, Wiesen, Viehtriften, reifenden Saaten, deren Glanz auf den Hügeln. zwischen dunklern Einfassungen hervorspielt ‒ alles in einer malerischen Lage und verschwenderischen Verschiedenheit der Verbindung.
Christian Cay Lorenz Hirschfeld: Theorie der Gartenkunst, Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 137.

1783
das Holsteinische […:] Der Charakter dieser Gegend, hat nichts romantisch Erhabenes. Aber sehr lieblich, reiche, fruchtbare Natur, und an manchen Stellen gar artige Prospekte, auf Dörfer, kleine Holzungen und Seen, in großer Menge.
Anonymus: Ueber Holstein. Aus den Briefen einer Hannoverischen Dame, in: Hannoverisches Magazin 21 (7. Stück vom 24. Jan. 1783), Sp. 97-112, hier Sp. 97.

1816
Mit jeder Schlangenwindung des sanft auf- und absteigenden Weges, gewahrt man nun mehr den […] eigenthümlichen Karakter der holsteinschen Gegenden: hier blickt zwischen den Hügeleinschnitten der [S]ee; dort ragen waldgekrönte Hügel hervor fast in jedem Momente wechselt die Umsicht nahe und fern, durch das zauberähnliche Verschwinden und Wiederer-scheinen eines neuen Landschaftsgemäldes, hervorgebracht durch die Ungleichheit des bald steigenden bald sinkenden Bodens, auf dem der Weg in sich wechselnden Wendungen hinläuft.
[Friedrich Johann Lorenz] Meyer: Darstellungen aus Nord-Deutschland, II. Sommerreise in Holstein 1815, Hamburg 1816, S. 147.

1833
Nach einer kurzen Erholung also eilten wir aus Bordesholm weiter und gingen nordwärts von dem Orte ab, auf dem kleinen Landwege nach Söhren, ‒ Blumenthal, ‒ und Gr. Schierensee. Der Weg, den wir einschlugen, um dies letztere zu erreichen, war zwar ein Nebenweg, allein er belohnte hinlänglich die Anstrengungen, welche er nöthig machte, durch den Genuß, den er bot; vorzüglich konnte man auf ihm immer deutlicher die Charakterzüge der östlichen und nordöstlichen Seiten von Holstein erkennen. Die Gegend um uns bestand im Anfange aus schönem Weideland, welches auch die Seite der anschwellenden Höhen bekleidete, und das weiche Gras, womit ihre fernen Abdachungen überzogen waren, glich einem schönen, weiten Mantel von grünem Sammet. Hier und da lagen mitten in den Tiefen einige versteckte Bauerwohnungen, mit Obstgärten und anderm Zubehör versehen. Ueberall, wohin nur das Auge sich wandte, war eine Abwechselung und Mischung von Belaubung, die uns höchst pittoresk und lieblich in’s Auge fiel. Hier verdeckte eine Eiche, oder ein Lerchenbaum, beide ihr dichtes Grün ausbreitend, die Landschaft völlig; dort verstattete das wellenförmige Land, daß man über das niedrige Gebüsch von blühenden Hagebutten und Geisblatt sie mit ihren Reizen doch wahrnehmen konnte. Bald ließ ein Hain von Buchen die Scene zum Theil ganz, zum Theil nur halb erscheinen. So lange wir nur immer durch diese Felder, Dörfer und Auen auf dem Wege nach Schierensee hinschweiften, zeigte jeder Schritt uns stets neue Schönheiten, bot jeder neue Standpunkt uns ein anderes, immer neues, und doch dasselbe Gebilde. Es war ein herrlicher Weg, einsam, doch mannichfaltig, lieblich, doch großartig. […]
Der Weg dahin [vom Heeschenberg zum Westensee] führt über wellenförmige Felder, durch majestetische Buchenhaine, neben einem klaren Teiche, und alsdann quer durch eine waldige Bergschlucht von ziemlicher Tiefe, wo eine einsam stehende Landwohnung [der Eulenkrug?] mit anmuthigen Umgebungen das Gebilde vollendete. […]
Unser Weg dahin [zum Ort Westensee] führte uns längs dem pittoresken Ufer des Schierensee’s zur rechten Hand; viele schöne Scenen fesselten auf ihm unsere Aufmerksamkeit, und viele Zusammenstellungen bezauberten uns. Der Fußsteig wand sich in unaufhörlichen Krümmungen über die Dörfer Wroh und Eckholt [d.i. Ekhöft] durch eine hügelichte, und reizend malerische Gegend, eine gute halbe Meile fort auf Westensee zu. Der Schönheit dieser Scenen, an denen wir so flüchtig vorübereilten, liegen vornämlich zwei Dinge zum Grunde – die hohen, waldigen Ufer des See’s auf einer Seite, und die sich hinschlängelnde Oberfläche desselben auf der andern. Aus diesen beiden Ursachen sind die Ansichten, die der Schierensee in seiner ganzen Ausdehnung darbietet, von der schönsten Art der Perspektive, und frei von allem Gezwungenen gerader Linien und einförmiger Flächen; und da der Weg halb den Hügel hinan, und halb in’s Thal hinablief, so änderte sich doch bei jedem Schritte die Ansicht in’s Unendliche.
Peregrinus pedestris [James Edward Marston]: Der Holsteinische Tourist oder Wegweiser für Fußreisende in der Umgegend von Hamburg, Hamburg 1833, S. 231f.; 234; 235.

1906
Je reicher die Natur, je reicher die Ortsnamen, heißt es wohl. Aber mag der Blick von der Höhe des Wroher Hohen Brocksberges bis weit in die Hüttener Berge des Schleswiger Landes hinein, über die malerische Landschaft des Westensee und Flemhuder Sees hinweg, rechts hinüber nach Kiel und links auf die grünen Wälder und Hügelketten des nahen Horizontes unvergleichlich anmutig und die Fernsicht vom Blotenberg bei Eckhöft eine der schönsten im Lande sein, die Feldmark in sich entbehrt wohl der charakteristischen Abwechselung, die das Volk zu originellen Namenschöpfungen veranlaßt.
Paul von Hedemann-Heespen: Geschichte der adeligen Güter Deutsch-Nienhof und Pohlsee in Holstein, 3 Teile, Schleswig 1906, Teil 2, S. 115.

1925
Die malerische Endmoränenlandschaft südlich des Westensees, aus welcher der gegen 90 Meter hohe, die Umgebung beherrschende Tüteberg, von dem die Aussicht geradezu blendend ist, kühn aufragt, bildet eine Gebirgswelt im Kleinen. Das regellose Auf und Ab von Tal und Hügel, das Wirrsal der Landschaftslinien und -formen‚ die schluchtenartigen Täler, die blauschimmernden oder hellblitzenden Spiegel zahlreicher Seen, die rauschenden Laubwälderkronen, die tiefdunklen Fichtenhaine‚ die schmucken, anheimelnden Siedlungen im Schutze knorriger Eichen geben der Landschaft ihr charakteristisches Gepräge. Wohl kaum eine andere Landschaft unserer schleswig-holsteinischen Heimat bringt deren Lieblichkeit, Freundlichkeit und idyllische Schönheit so sehr zum Ausdruck wie gerade diese.
Krögers Führer durch die Holsteinische Schweiz und die Ostseebäder, Blankenese 1925, S. 31f.

1951
Die Schönheit dieser Landschaft, die im November unter gesetzlichen Schutz gestellt wurde, beruht nicht in der Erhabenheit einer Gebirgslandschaft oder fast bedrückenden Weite des Meeres mit seinem nimmer ruhenden Ansturm der Wogen an unseren Küsten, sie stellt den weiten Ebenen der Marsch und des schleswig-holsteinischen Mittelrückens die Reize einer Ruhe und Beschaulichkeit atmenden Parklandschaft entgegen. Wenn die Ausblicke von den zahlreichen Kuppen des Gebietes in die unendliche Ferne des Flachlandes einen Zug großartiger Erhabenheit aufweisen, so muten uns andererseits die waldumrahmten friedlich träumenden Seen mit dem Blick in eine weiträumige, sanft wellige Parklandschaft freundlich und wohltuend an. Es ist nicht zuviel gesagt, wenn diese Landschaft von vielen den Gegenden deutscher Mittelgebirge, ja, sogar dem Hochgebirge vorgezogen wird. Gerade die vielen Seen sind Glanzpunkte dieses Gebietes, das in seiner Vereinigung von Wald, Wasser und sanften Höhen Eigenschaften entfaltet, die man weder im Westen noch im Osten Deutschlands in gleicher Fülle, Abwechslung und Vielseitigkeit vereinigt findet. Dazu kommt, daß infolge der großen Luftfeuchtigkeit das Grün des Frühlings sich in unserer Landschaft länger frisch erhält als m Mittel- und Ostdeutschland, so daß das Auge des Beschauers hier fast unbewußt von dem Zusammenklang der Farben, dem Blau der Seen, dem Grün der Weiden und Wälder, und nicht zuletzt von den oft außergewöhnlich malerischen Wolkenbildungen und Sonnenuntergängen mehr als anderswo beglückt wird. Wer in solchen Augenblicken Gelegenheit findet, die Landschaff von einem hervorragenden Punkte wie dem Tüteberg, dem Blotenberg, der Hohburg, dem Heeschenberg, dem Vollstedter oder Krähenberg zu überschauen, mag wahrlich begeistert Auge und Gemüt an soviel Lieblichkeit und friedlicher Beschaulichkeit erquicken. Aber nicht nur an Fernblicken bietet die Landschaft Reize beglückender Art, auch im Schoße der Wälder, an den Ufern der Seen offenbaren sich uns Bilder von hohem malerischem Wert; hierzu trägt unter anderem die Vielseitigkeit der Wälder bei; da wechselt hoher Buchenwald mit dunklen Fichtenbeständen, freundlich grünende Wiesen mit Erlen- und Eschenbrüchen; steile Hänge mit Buchenwald umrahmen die Seeufer oder wecken Erinnerungen an Partien im Thüringer Walde, während die Nadelwaldbestände am Westen- und Schierensee uns in ostdeutsche Gebiete versetzen; uralte Edeltannen am Heidberg können den Vergleich mit ihren Artgenossen im Schwarzwald aufnehmen.
Hartwig von Hedemann-Heespen: Das Landschaftsschutzgebiet um den Westensee, in: Heimatkundliches Jahrbuch für den Kreis Rendsburg 1951, S. 116-118, hier S. 117.

1971
Der Naturpark Westensee ist geprägt durch seine außerordentliche Vielfalt: Hügel und Täer, Ackerflächen, Wiesen, Wälder, Moore und Seen wechseln miteinander ab. Das gilt vor allem für das engere Westenseegebiet
Uwe Riedel: Der Naturpark Westensee (Kreis Rendsburg-Eckernförde). Untersuchung des Vielfältigkeitswertes eines Erholungsgebietes, in: Reinhard Stewig (Hg.): Beiträge zur geographischen Landeskunde und Regionalforschung in Schleswig-Holstein, Kiel 1971, S. 233-246, hier S. 233.

 

1917
In Anlage und Bauart der Ortschaften und Wohnstätten ist man Jahrhunderte lang altem Brauch treu geblieben. Umgestaltend hat hier erst die neue Zeit, die Zeit des Dampfes, mit ihren gewaltigen, sprunghaften Fortschritten auf allen Gebieten des Verkehrs und wirtschaftlichen Lebens eingewirkt. Wir wollen uns dieses Fortschrittes freuen; denn er hat unser Land reicher gemacht. Aber das Landschaftsbild unserer Heimat, wie es zu uns spricht in Baum und Bach, Hügel und Wald, in seinen Mooren und Heiden, in seinen Dörfern und Städten ist arm geworden an Baudenkmälern der Vergangenheit, und es wird täglich ärmer an ausgeprägten Zügen seiner Eigenart, an malerischen Reizen ‒ an Schönheit. […]
Mit […] Schonungslosigkeit hat sich vielerorts die fortschreitende wirtschaftliche Entwicklung an der Eigenart und Schönheit der heimatlichen Landschaft vergriffen. Unser Verhältnis zur Natur wird leider mehr als nötig durch das bloße Nützlichkeitsprinzip bestimmt, das sich oft geradezu brutal in der Entstellung unsers Landschaftsbildes zur Geltung bringt. Auf Schritt und Tritt macht man die Erfahrung, daß gerade in den letzten 50, 60 Jahren manche eigenartige Ausprägung und damit mancher Liebreiz unsers Landschaftsbildes verschwunden ist, der bei etwas mehr entwickeltem Schönheitssinn wohl hätte erhalten werden können. Aber über die Schönheit der Landschaft denkt der Bauer ganz anders als der Maler. „De ohl’n Eken stünn all op Schaden“, erwiderte mir ein Bauer meines Heimatortes auf meine Vorhaltungen, wie er denn dazu gekommen sei, einen alten, prächtigen Eichenhain in der Nähe seines Gehöftes niederzuschlagen. […] Die Anlage jeder Chaussee führt einen Wandel im Landschaftsbild des von ihr berührten Dorfes herbei. Die alte Landstraße mit ihren Schlangenwindungen, ihren Höhen und Tiefen gehört der Vergangenheit an. Fuhrleute und Autofahrer sind über die Gradlinigkeit der neuen Straßen beglückt. Schmerzlich aber vermißt der wandernde Naturfreund den Wechsel zwischen Höhe und Tiefe, Enge und Weite, zwischen Nah- und Fernblick. Er sieht es schon auf Kilometerweite, wenn eine Katze über die Straße springt. Er vermißt den schattenspendenden Knick mit seinem munternVolk, die prächtigen Eichen, deren Kronen sich über dem alten Landweg wölbten. Sie mußten fallen, weil sie die Baufluchtlinie störten. Und da nun das Abholzen einmal im Gange war und sich lohnte, machte man die Entdeckung, daß auch andere Baumgruppen bereits „auf Schaden ständen“ und so fielen die stattlichen Buchen und Eschen und die von den Ahnen gepflanzten hundertjährigen Eichen und mit ihnen die Scheu vor der Heiligkeit des Baumes. Und die Stimmung des Wanderers wird nicht gehobener, wenn er dem Drahtzaun folgend das Dorf erreicht, das er vor dreißig Jahren zuletzt gesehen hat. Verschwunden ist der bescheidene, lindenbeschattete Dorfkrug; er hat einem als Gasthof bezeichneten Protzkasten mit unbehaglichen Wirtschaftsräumen Platz machen müssen, wie auch die kleinen, jedes Malerauge entzückenden Räucherkaten den aufdringlich nach vorne gerückten Wohnkästen für Handwerker und Arbeiter im Zementputz und unter Dachpappe haben weichen müssen. Die durchweg in Brandmauern aufgeführten Bauernhäuser mit ihren vergrößerten Viehstellen und Getreideschuppen im Stil amerikanischer Farmen verraten wirtschaftlichen Fortschritt und wachsenden Wohlstand, wie auch die sauber und ordentlich gehaltenen Straßen, Fußsteige und Plätze auf eine wohlgeordnete Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten schließen lassen; aber alles so langweilig, nüchtern, seelenlos und fremd, daß der Wandersmann das alte traute, unter Busch und Baumkronen halb versteckte Dorf in seiner neumodischen Aufmachung kaum wiedererkennt. Wo ist der Dorfteich mit seinem luftigen Gewimmel, wo sind die freistehenden Backöfen, die Storchnester auf bemoosten Firsten, die Schwalbennester unter den Dächern und auf den Gesimsen? Er vermißt sogar den so charakteristischen, in den land- und hauswirtschaftlichen Betrieben entwickelten Dorfgeruch: denn das moderne Dorf riecht überhaupt nicht. Im Nachbardorf hat sich ein begüterter Doppelhufner sogar eine Villa geleistet. Das städtische Bauwerk würde an einem andern Platz allenfalls erträglich sein; hier aber, im Kranz bemooster Strohdächer, wo es wie ein Kakadu im Hühnerhof steht, zerreißt es die harmonische Einheitlichkeit des Dorfbildes und wirkt daher geradezu störend.
Johannes Schmarje: Wandlung des heimatlichen Landschaftsbildes, in: Die Heimat 27 (1917), S. 165-169; 179-183, hier S. 166-168.

1955
Durch gute Beobachtungen und Aufzeichnungen während der letzten 150 Jahre sind wir über die Entwicklung unserer Landschaft auch in vielen Einzelheiten so ausreichend unterrichtet, daß wir uns ein Bild von ihrer Veränderung während dieser Zeitspanne machen können. Eines der bezeichnenden Merkmale dieser Entwicklung ist eine allgemeine Verarmung an allem Besonderen. Diese Verarmung, die wir im großen auf dem Gebiet der Landschaftserscheinungen, ihrer Bilder, mit denen sie uns entgegentritt, im kleinen auf dem Gebiet der speziellen Botanik und Zoologie in ähnlicher Weise beobachten können wie in dem rein menschlichen Bereich, stellt eine bedauerliche Einbuße an Ausdruckskraft dar. Die Landschaft hat gewissermaßen an Profil verloren. An die Stelle eines eigenartigen Gesichtes tritt immer mehr eine an Ausdruck unterlegene Schablone. Auf botanischem Gebiet äußert sich die Verarmung in dem Rückgang und dem Aussterben vieler Pflanzenarten. […]
Der gesamte Vorgang der Verarmung unserer Landschaft, sei es in der Reduzierung ihrer kleinsten Komponenten, der einzelnen Tier- und Pflanzenarten, sei es in der Verminderung vielgestaltiger Landschaftsbilder, reiht sich harmonisch in die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft ein. Die gestiegenen und weiterhin steigenden allgemeinen Lebensansprüche verbunden mit einer auf engem Raume zusammengedrängten Lebensweise erzwingen eine Reduzierung der Lebensformen auf wenige, ihrem Wesen nach sehr ähnliche Haupttypen. Diese mit dem zeitgemäßen Schlagwort der ,,Vermassung“ zu umreißende Erscheinung bezieht sich aber nicht nur auf die rein menschlichen Bereiche, sie wirkt sich vielmehr in derselben Weise auf die Umwelt aus. Sie kommt in der Veränderung und menschlichen Umgestaltung der Landschaft zu einem deutlichen Ausdruck. Die Entwicklung der letzten Jahrhunderte zeigt die Tendenz auf, die ursprünglich mannigfaltigen und vielgestaltigen Bilder unserer Landschaft auf einige wenige Grundformen zurückzuführen. Der einartige Wirtschaftswald‚ ertragreiche Wiesen und Weiden mit ausgewogenen Regulierung der Wasserstände und der Nährstoffverhältnisse zur Erhaltung eines Standard-Bestandes wertvoller Gramineen und Leguminosen oder weithin eintönige Äcker sind ihre wesentliche Typen. Aus der Naturlandschaft wird durch solche Typisierung eine Kulturlandschaft entwickelt. An die Stelle natürlicher Vielgestaltigkeit tritt die künstliche Einheitlichkeit, und diesem Uniformierungsvorgang fällt auch hier ein großer Teil alles Besonderen zum Opfer. Durch die Nivellierung wird ein Anstieg des materiellen Wertes erreicht, zwangsläufig aber ist damit verbunden die Verarmung an innerem Gehalt. Die Versuche aber, wenigstens stellenweise etwas von der ursprünglichen Ausdruckskraft der Landschaft zu erhalten, sind bei den derzeitigen Methoden, wie es alle unsere unter Natur- und Landschaftsschutz stehenden Gebiete zeigen, als zu engräumige Maßnahmen auf die Dauer ohne Erfolg.
Ernst-Wilhelm Raabe: Über die Verarmung der Landschaft, in: Schriften des Naturwissenschaftlichen Vereins für Schleswig-Holstein 27 (1955), S. 171-189, hier S. 171; 188f.

2001
Die Wahrnehmung des durch die Landwirtschaft verursachten Wandels der Landschaftsbilder, dessen wichtigstes Ergebnis wohl in einer Reduzierung der Vielfalt und damit in einer Verarmung gesehen werden darf, fiel vor allem der älteren Landbevölkerung und den Mitgliedern der ‒ zumeist städtischen ‒ Heimatbewegung auf und wurde häufig mit den Maßstäben der Vergangenheit bewertet, d.h. in diesen Kreisen vielfach als Verlust bedauert. Ebenso begannen sich seit den 1970er Jahren die Naturschützer und Kulturlandschaftsgeographen Gedanken zu machen, was und wieviel von den Kulturlandschaften erhalten werden solle. D.h. abgesehen von der Verschlechterung der ökologischen Werte der Landschaften trug die Landwirtschaft auch zu ästhetischen, historischen und emotionalen, heimatlichen Verlusterfahrungen bei. Fraglich ist jedoch, ob das Gros der Bevölkerung diese Konsequenzen der bäuerlichen Wirtschaftsweise überhaupt wahrnahm bzw. dann auch bedauerte. Es ist nicht ausgeschlossen, daß gerade die wachsende Ordnung der Landschaft eher wohlgefällig aufgenommen wurde und daß in der Abwägung die Vorteile der Verstädterung der ländlichen Welt die Nachteile der ästhetisch-historisch-emotionalen Verlusterfahrungen mehr als kompensierten.
Karl Ditt: Zwischen Markt, Agrarpolitik und Umweltschutz: Die deutsche Landwirtschaft und ihre Einflüsse auf Natur und Landschaft im 20. Jahrhundert, in: Karl Ditt, Rita Gudermann und Norwich Rüße (Hg.): Agrarmodernisierung und ökologische Folgen. Westfalen vom 18. bis zum 20. Jahrhundert, Paderborn 2001, S. 85-125, hier S. 115f.

 

Gattungsnamen

 

Gutslandschaft

1919
Wie wohl er sich fühlte inmitten dieser schweigenden Natur! So schlicht und einfach war sie rings um ihn, nirgends eine besondere Schönheit, das typische Bild der hinterpommerschen Gutslandschaft. Und doch so groß in dieser Einfachheit, so feierlich und erhaben in ihrem winterlichen Festgewand, in ihrer herben Keuschheit. Eine Stille wie nirgends sonst in der Welt!
Arthur Brausewetter: Zum Herrschen geboren, Berlin 1919, S. 94f.

1930
Die Kulturlandschaft Alsens, wie auch anderer Gegenden des Herzogtums wurde noch im 18. Jahrhundert dadurch charakterisiert, daß Feld, Wald, Wiese und Weide meist unvermerkt ineinander übergingen und oft gewissermaßen miteinander vermengt waren. Diesen Hauptzug zeigte nicht bloß die Gutslandschaft, sondern auch die gleichfalls dem Walde entstammende bäuerliche Gemarkungslandschaft.
Friedrich Mager: Entwicklungsgeschichte der Kulturlandschaft des Herzogtums Schleswig in historischer Zeit, Bd. 1, Breslau 1930, S. 467.

1950
Neben kleinen und großen Gehölzen finden sich zahlreiche Baum- und Buschgruppen auf den Feldern, und auch in den Knicks ist der Anteil hochwüchsiger Bäume (Überhälter) sehr groß. Die Wallhecken selber treten durch eine beträchtliche Breite des Wallfundamentes und hohen Strauchwuchs teilweise beachtlich in Erscheinung. Diese Besonderheiten verleihen der Gutslandschaft trotz der großen Schläge und der damit verbundenen geringen Netzdichte der Einfriedigungen einen physiognomisch geschlosseneren Eindruck als den waldfreien westlichen.
Günther Marquardt: Die Schleswig-Holsteinische Knicklandschaft, Kiel 1950, S. 54.

1952
Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch die Röhrendrainage jene sauberen, flächigen Gutskoppeln, die heute eines der Kennzeichen der Gutslandschaft im Osten Schleswig-Holsteins sind.
Ingeborg Leister: Rittersitz und adliges Gut in Holstein und Schleswig, Remagen 1952, S. 112.

1953
Auffüllung der siedlungsleeren Gutslandschaft mit gut arrondierten Bauernhöfen
Christian Degn: Parzellierungslandschaften in Schleswig-Holstein, in: Carl Schott (Hg.): Beiträge zur Landeskunde von Schleswig-Holstein. Sonderband Oskar Schmieder zum 60. Geburtstag, Kiel 1953, S. 134-174, hier S. 159.

1960
Wie im Laufe von 300 Jahren eine bäuerliche Landschaft zur Gutslandschaft geworden ist, zeigt wohl am eindrucksvollsten die Halbinsel Schwansen. Von ihren 38 untergegangenen Dörfern leben 17 im Namen eines Gutes fort; 6 sind zu Kätnersiedlungen geschrumpft, die übrigen völlig verschwunden.
Christian Degn: Die Herzogtümer im Gesamtstaat 1773-1830, in: Geschichte Schleswig-Holsteins, Bd. 6, Neumünster 1960, S. 161-427, hier S. 216.

1971
Der Wandel der ostholsteinischen „Gutslandschaft“ hat […] doppelte Ursache. Einerseits wurde die ehemals einheitlich gestaltete Landschaft durch die Ausbreitung bäuerlicher Betriebseinheiten überformt, d. h. formal wie auch funktional verändert; andererseits ist die traditionelle Wirtschafts- und Betriebsform der adligen Güter durch die der modernen kapital- und arbeitsintensiven Großbetriebe abgelöst worden, ohne daß sich dort, wo sich die ehemaligen Güter noch heute als Großbetriebe erhalten haben, das Landschaftsbild entscheidend geändert hat. Der Wandel dieser Teilbereiche der ursprünglichen „Gutslandschaft“ liegt vorwiegend im funktionalen, jedoch kaum im formalen Bereich. […] [D]ie Definition für die umfunktionierte Gutslandschaft [ist] dem genetischen Prinzip zu unterstellen. Diese muß für die aus der „klassischen Gutslandschaft“ entstandenen Bereiche berücksichtigen, daß gegenwärtig hier zwei unterschiedliche Teilbereiche vorhanden sind. Demnach kann die „Gutslandschaft“ als derjenige Bereich der ostholsteinischen Agrarlandschaft definiert werden, der aus der „klassischen Gutslandschaft“ hervorgegangen ist, mit sowohl bäuerlichen Betriebseinheiten als auch agraren Großbetrieben gegenwärtig eine vielfältige Agrarbetriebsstruktur aufweist und damit verschiedene Funktionen innehat. Die parzellierten Teilbereiche und die Areale der Großbetriebe sind mosaikartig ineinander verflochten und lassen für den gegenwärtigen Zustand keine räumliche Ordnung erkennen.
Sigrid Reinke: Die Aufsiedlung von Gütern und Ausbreitung bäuerlicher Betriebe innerhalb der „Gutslandschaft“ Ostholsteins, in: Berichte zur deutschen Landeskunde 45 (1971), S. 145-166, hier S. 163; 164.

1993
Historische Kulturlandschaften (z.B. Knicklandschaften oder Gutslandschaften) und Kulturlandschaftsteile von besonders charakteristischer Bedeutung sind zu erhalten.
Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) vom 16.06.1993 (GVOBI. Schl.-Holst. S. 215), §1 (2), Nr. 17.

1994
Aus der Gutslandschaft wurde eine Parzellierungslandschaft
Christian Degn: Schleswig-Holstein. Eine Landesgeschichte, Neumünster 1994, S. 160.

1997
Ohne Frage ist die Gutslandschaft als Kulturlandschaft einem ständigen Wandel unterworfen gewesen und ist es weiterhin. Als historische Kulturleistung ist sie noch heute zu großen Teilen durch die Veränderungen des 18. Jahrhunderts geprägt. […] Wir sind heute geneigt, die holsteinische Gutslandschaft immer noch mit den Augen Hirschfelds zu sehen, der in Band V seiner „Theorie der Gartenkunst“ von 1785 schrieb: „Der weite Umfang und die Fruchtbarkeit der Landgüter, der Reichthum ihrer Besitzer, die Schönheit der Wälder und Wiesen, die Abwechselung der Seen, der Teiche, der Hügel und beträchtlichen Weiden, alles dieß bietet sich zu den trefflichsten großen Anlagen und einzelnen Verschönerungen an. Fruchtbare Felder wechseln mit Wäldern, mit Weiden und hellen Seen ab, worinn sich die kleinen Hügel und die Gebüsche spiegeln, die überall die Flächen unterbrechen.“ [S. 315]
Deert Lafrenz: Die ostholsteinische Gutslandschaft als historische Kulturlandschaft, in: DenkMal! Schleswig-Holstein 4 (1997), S. 33-42, hier S. 35; 41.

2002
Hirschfeld (1742-1792) [hat] in seiner europaweit anerkannten „Theorie der Gartenkunst“ schwärmerisch auf die Naturschönheiten der Ostholsteinischen Gutslandschaft hingewiesen.
Reimer Witt: Panker ‒ Ein weißes Herrenhaus im idyllischen Ostholstein, in: Eckhart G. Franz (Hg.): Das kulturelle Erbe des Hauses Hessen, Marburg 2002, S. 145-160, hier S. 153.

2003
engmaschigen Knicklandschaft neben der großräumigen Gutslandschaft
Kreisverordnung über das Landschaftsschutzgebiet „Pönitzer Seenplatte und Haffwiesen“ im Kreis Ostholstein vom 26.02.2003, §3 (1) (https://www.kreis-oh.de/index.php?ModID=7&FID=335.124.1&object=tx%7C335.124.1).

2005
[Sein] Landschaftsideal war nun nach Hirschfelds Auffassung in seiner Heimat beispielhaft im Großen verwirklicht, in der ostholsteinischen Gutslandschaft im Umkreis der kleinen Residenzstädte Plön und Eutin.
Hans-Helmut Poppendieck: Baumverwandlung – die Gurlitt-Eiche am Großen Binnensee, in: Helmut Schreier und Hans-Helmut Poppendieck (Hg.): Baumland. Porträts von alten und neuen Bäumen im Norden, Hamburg 2005, S. 91-106, hier S. 93.

 

Knicklandschaft

1904
Man fühlt, daß er [Detlev von Liliencron] ein Kind der holsteinschen Knicklandschaft ist, und daß sein Auge mit den Wellen und Wolken der Nordsee zu wandern gelernt hat. Jene Landschaft, deren lineare Gliederung kaum spricht, die eintönig in der festen Form, die tausendmal mehr lebt von den Akzenten, die ein ziehender Vogelschwarm, wandernde Luftgebilde, windbewegte Baumgruppen hineinbringen, die Wechsel des Lichtes, die wir so gern als Bewegung deuten, und der ewige Gang des Wassers.
Helene Herrmann: Detlev von Liliencrons Kriegslyrik, in: Die Frau. Monatsschrift für das gesamte Frauenleben unserer Zeit 11 (1904), S. 714-721, hier S. 717.

1914
Wahrscheinlich spricht mein Heimatgefühl viel mit; für mich gibt es nichts Schöneres als eine holsteinische Knicklandschaft. […] Die Landschaft ist in rechteckige, vielfach annähernd quadratische Felder aufgeteilt, die von Erdwällen umgeben sind, auf denen Haselnußsträucher, Schlehdorn, Weißbuche, an weniger guten Stellen auch Ellern wachsen. Dazwischen stehen Syringenbüsche, Weiß- und Rotdorn. Auch Eichen sind darunter. Sie überragen an Höhe den übrigen Busch, stehen teils in bestimmten Abständen, manchmal aber auch in einer Gruppenreihe beisammen. Wenn wir nun aus der Bahn steigen, können wir auf den wunderbaren schleswig-holsteinischen Redderwegen dahinwandeln. Schöner als so ein Redderweg kann nach meinen Gefühlen nirgend in der Welt ein Weg sein! Zu beiden Seiten begleitet ihn ein Graben mit dem Knickwall dahinter. Im Frühjahr knospet und treibt es im Buschwerk; im Sommer leuchtet es von farbigen Blüten, und im Herbste locken Beerenfrüchte vieler Art.
Paul Bröcker: Das Schicksal des Knicks in Schleswig-Holstein, in: Kunstwart und Kulturwart 27 (3) (1914), S. 368-374, hier S. 369.

1920
Die holsteinische Knick– und Koppellandschaft ist eine nur von Menschenhand in dies Gesicht gezeichnete Linie und doch so unverwischbar und unverkennbar deutsches Gesicht, daß man noch nach Jahrhunderten in der Fremde es untrüglich wiedererkennt. Eine Erinnerung: Jenseits der damals deutsch-russischen Grenze, auf polnischem Boden; Weichselebene. Weitaus keine Aussichtsmöglichkeit als von der stattlichen Höhe des Gradierwerkes der Salzsiedereien von Ciechocinek. Blick über weite Ebene. Und in dieser Ebene wie mit dem Bleistift säuberlich auseinandergezeichnet, gleichförmig und schrankenlos fortlaufende Felderöde neben gegliederter, Koppel für Koppel umgrenzter, umbuschter Knicklandschaft, wie im fernen deutschen Holstein. Und Holsteiner sind es auch, die vor zweihundert Jahren hier angesiedelt wurden und die der polnischen, slawischen Landschaft ein so deutsches Gesicht gaben, daß es unvermischt und unverwischt neben dem slawischen steht
Friedrich Hussong: Das Gesicht Deutschlands, in: Die Gartenlaube (1920), S. 573-576, hier S. 575.

1926
Goldammer (Emberiza citrinella L.). Charaktervogel der Knicklandschaft.
Emeis, Walther: Die Brutvögel der schleswigschen Geest, in: Nordelbingen 5 (1926), S. 51-127, hier S. 116.

1928
Wir blicken […] in eine typische ostholsteinische Knicklandschaft, in der die Bodenformen durch das Mitschwingen der dunklen Knicks, der mit Busch bestandenen Wälle, hervorgehoben werden.
Emil Hinrichs: Niedersachsen in Wort und Bild, Lübeck 1928, S. 29.

1930
Knicklandschaft im Moränengebiet, zwischen Steinfurt und Hohenhude. Aufn. Th. Möller
Verhandlungen des Botanischen Vereins der Provinz Brandenburg, 1930, Tafel III.

 

Koppelwirtschaft

1754
Sonst ist bisanher geglaubet, daß die Koppelwirthschaft auf hohen sandigen Feldern aus Mangel der Grasung nicht mit Nutzen einzuführen. Um aber allen seinen Acker nach und nach in der Fahre zu haben: ihm einige Ruhe zu verschaffen, und dadurch dessen Ertrag zu verbessern: denselben desto besser zu bemisten: die Ackerarbeit leichter zu bestellen: einigermassen die Weide zu verbessern, folglich die Viehhaltung, wo nicht am Rindvieh doch an Schafen zu vermehren; hat man den Vorschlag gethan, ein hochbelegenes sandiges Landgut in neun Schlägen dergestalt einzutheilen, daß ein jeder Schlag zwey auf einander folgende Jahre zur Weide liegen bleiben, das dritte Jahr zur Dreeschbrache gebraucht, das vierte Jahr mit Rocken, und das fünfte Jahr mit Sommerkorn besäet, das sechste Jahr zur rechten Brache gebraucht, das siebende Jahr mit Rocken, das achte Jahr mit Sommerkorn, und das neunte Fahr mit Stoppelrocken besäet werden sollte. Die Erbsen und Wicken wurden in der rechten Brache gesäet.
Johann Carl Dähnert: Versuch einer Anleigung zum Kornbau im Königl. Schwedischen Pommern, in: Beyträge zum Nutzen und Vergnügen aus der Sittenlehre, den schönen Wissenschaften und der Haushaltungskunst, Bd. 2, Greifswald 1754, S. 203-260, hier S. 213.

1759
Man kann die Felder in drey, vier, fünf, sieben, acht, neun, zehn, eilf, zwölf, dreyzehn und mehrere Schläge legen. Von der fünfschlägigen Wirthschaft an werden diese Schläge Koppeln, und die Wirthschaften Koppelwirthschaften genannt.
Christopher Ehrenreich Rosenow: Versuch einer Abhandlung vom Ackerbau und der Koppelwirthschaft, Leipzig 1759, S. 74.

1780
Unter dem Nahmen der Koppelwirthschaft, versteht man diejenige ökonomische Einrichtung in dem Gebrauche der Länderei, daß man den Acker nicht immer als Acker, sondern eine Zeitlang zur Weide für das Vieh, und dannwieder als Acker nutzet, und zu dem Ende den ganzen Acker in gewisse gleiche Theile theilt, davon gewisse Theile bald zur Weide für das Vieh, und dann wieder als Acker nutzet, und zu dem Ende den ganzen Acker in gewisse gleiche Theile theilet, davon gewisse Theile bald zur Weide für das Vieh, und denn wieder als Acker nutzet. […] Die Koppewirthschaft ist im Hollsteinschen eine der ältesten Bestellungsarten des Ackers, und in neuern Zeiten zu noch mehrerer Vollkommenheit gebracht. […] Man hat bei vielen Wirthschaften den Gebrauch, das Land in Schläge einzutheilen; man gedenke sich einen solchen Schlag mit einem Graben und lebendigen Knick, oder bloß mit einem lebendigen Knick umgeben, so hat man den Begriff von einer Koppel. […] Ist ein Gut oder ein Bauergehöfte, in solche Schläge oder Koppeln abgetheilet, und werden solche nach einer gut gewählten Ordnung, bestmöglichst genützet, so nennet man es eine Koppelwirthschaft. Man theilet den Acker den Umständen nach zuweilen in 7, 8, 9, 10, 11 in 12, auch wohl 13 und 14 Schläge oder Koppeln ab.
Anonymus: Von den Vortheilen der Koppelwirthschaft, in: Hannoverisches Magazin 49. Stück vom 19. Juni 1780, Sp. 769-784, hier Sp. 773f.; 775; 778.

 

Feldgraswirtschaft

1828
Man versteht unter Feld-Gras-Wirthschaft (Dreischwirthschaft, Egartenwirthschaft) eine solche: wo Graswuchs und Getreidebau nicht von einander getrennt sind und unter sich abwechslend, aber erst nach einigen Jahren, nicht ein Jahr über das andere, vorkommen. Diese Wirthschaft hat allemal auf Privateigenthum statt, wird mit Sorge und nach festen Grundsätzen betrieben, und macht daher mit Recht Anspruch auf den Namen einer Wirthschaft. […] Gewiß ist es, daß wir dieses Land [d.i. Holstein] als den Hauptsitz dieses Wirthschafts-Systems anshen können. Man giebt ihm den Namen der Koppelwirthschaft, von den Einfriedigungen oder Einhägungen, womit die Schläge daselbst eingefaßt sind. Diese Einhägungen oder Einkoppelungen gewähren der hollsteinischen Wirthschaft bedeutende Vortheile, da sie die Graswüchsigkeit des Bodens unterhalten, und die Hut des Viehes ungemein befördern. Die Feldeintheilung richtet sich nach der Anzahl der Koppeln, die ein Gut hat, daher sie manchmal 7, 8, manchmal 10 oder 12schlägig ausfällt.
Johann Nepomuk von Schwerz: Anleitung zum practischen Ackerbau, Bd. 3, Stuttgart 1828, S. 187; 200.

 

Knicks

1816
Von den mannigfaltigen und großen Nachtheilen und der gänzlichen Verwerflichkeit der holsteinischen Feldumfassungen in cultivirten Gegenden vollkommen überzeugt, wird gewiß jeder meiner Leser die Frage aufwerfen: »Welche andere Art denn vorzuziehen sei?« Ich antworte: Wenn überhaupt Befriedigungen nothwendig sind, so ist es eine gehörig von den zweckmäßigsten Holzarten angelegte lebendige Hecke ohne Wall und Gräben, und wo Feld- oder Bruchsteine vorhanden sind, eine Steinmauer. […] Verständige Landleute haben […] den Anfang gemacht, die alten ungeheuren Wälle, die man nicht selten um die Hofkoppeln findet, zu demoliren, und weit gemäßigtere an ihrer Stelle aufzuführen, wobei man mit großem Erfolg die alte Wallerde zur Befruchtung des Ackers angewandt hat. Es ist ferner offenbar unrichtig, wenn man gar zu kleine Maaße Landes in besondern Koppeln einfasset. Dies sind in die Augen springende Mängel und Unvollkommenheiten, die allmälig aus dem Wege geräumt werden müssen; außer außer diesen hinaus wollen wir keine Veränderung mit unsern Zäunen – dem eigenthümlichen Vorzug der holsteinischen Landwirthschaft.
Nicolaus Adolph Binge: Ueber die Nachtheile und Mängel der in Holstein gebräuchlichen Befriedigung, in ökonomischer und physikalischer Hinsicht, nebst Vorschlägen zu ihrer Abschaffung, in: Neue Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte 6 (1816), S. 511-528; 709-721, hier S. 712f.; 721.

1893
Was bedeutet denn heutzutage der Werth eines Knicks, spielt der Reinertrag aus demselben noch eine Rolle? Je höher die Kultur des Landes steigt, desto weniger wird der Knick estimirt, erreicht sie eine gewisse Höhe, so muß er ganz verschwinden. […] Was früher, wo die Koppelwirthschaft allein existirte, richtig war, ist es eben jetzt nicht mehr.
Ernst Weber: Ueber Knicke und Einfriedigungen, in: Landwirthschaftliches Wochenblatt für Schleswig-Holstein 43 (1893), S. 20-21, hier S. 21.

1893
Ein gut gehaltener, gut begrabener Knick, der alle 6-10 Jahre gehauen wird, bringt durch den Werth seines Brennmaterials in unserem waldarmen Lande ebensoviel ein wie ein gutes Weizenfeld. […] Trotz allem wird aber vielleicht eine Zeit kommen, wo die Knicke entbehrlich werden. Wenn kommende Generationen das jetzt in Angriff genommene Werk der Aufforsgung des Mittelrückens vollendet und damit die von unseren Vorfahren begangene Sünde der Abholzung wieder gut gemacht haben werden, dann werden unsere Nachkommen erwägen müssen, ob sie die Knicke entbehren können.
Gottlieb Ziese: „Ueber Knicke und Einfriedigungen“. Eine Entgegnung, in: Landwirthschaftliches Wochenblatt für Schleswig-Holstein 43 (1893), S. 28-29, hier S. 29.

1914
Der schleswig-holsteinische Knick verschwindet mehr und mehr, trotzdem er schon manchen warmherzigen Verteidiger gefunden hat. Seine Freunde arbeiten fast nur mit idealen Gründen; die wirtschaftliche Frage nach seinem Nutzen oder Schaden wird nur gestreift. Das fällt mir auf. Ich bedaure es, daß sich ‒ meines Wissens wenigstens ‒ bisher noch kein landwirtschaftlicher Fachmann gefunden hat, der den Knick mit wirtschaftlichen Gründen verteidigte.
wir [sehen] den fertigen Knick vor uns. Die Landschaft ist in rechteckige, vielfach annähernd quadratische Felder aufgeteilt, die von Erdwällen umgeben sind, auf denen Haselnußsträucher, Schlehdorn, Weißbuche, an weniger guten Stellen auch Ellern wachsen. Dazwischen stehen Syringenbüsche, Weiß- und Rotdorn. Auch Eichen sind darunter. Sie überragen an Höhe den übrigen Busch, stehen teils in bestimmten Abständen, manchmal aber auch in einer Gruppenreihe beisammen. Wenn wir nun aus der Bahn steigen, können wir auf den wunderbaren schleswig-holsteinischen Redderwegen dahinwandeln. Schöner als so ein Redderweg kann nach meinen Gefühlen nirgend in der Welt ein Weg sein! Zu beiden Seiten begleitet ihn ein Graben mit dem Knickwall dahinter. Im Frühjahr knospet und treibt es im Buschwerk; im Sommer leuchtet es von farbigen Blüten, und im Herbste locken Beerenfrüchte vieler Art. Der Weg, der Graben und der Wall sind dicht bewachsen. Die Grasnarbe auf dem Wege ist kurz und straff. Am Rande des Grabens leuchten weiße Gänseblümchen; im Graben wachsen versteckt Vergißmeinnicht, am Wallabhange wilde Stiefmütterchen; dazwischen stehen Wiesenblumen aller Arten in bunter Fülle. Führt der Weg günstig in eine gewisse Himmelsrichtung, so siedelt sich eine staunenswerte, mannigfaltige Fülle von Staudenpflanzen aller Art, unter denen schlanke Lilien in anmutigen Gruppen zusammen stehen, an dem Abhange an; der Wind häuft den Samen dort auf. Bunte Schmetterlinge und Insekten umschwärmen sie. Bienen summen darüber hin und Mücken spielen. Im Graben Hüpfen kleine braune Frösche und bunte Eidechsen.
Paul Bröcker: Das Schicksal des Knicks in Schleswig-Holstein, in: Kunstwart und Kulturwart 27 (3) (1914), S. 368-374, hier S. 368; 369.

1926
»Die ersten großen Scheunen, die wir auf den Gütern kennen, sind aus den 1580er Jahren. Die Wiesen mußten also gegen das Vieh im Sommer geschützt werde. Man machte Wälle, und in feuchter Lage, wie sie standen, können sie sich leicht von selbst mit Busch bestockt haben. Aber auch an den Wegen, an den Reddern, entstanden aus ähnlichen Gründen, um sich gegen Feldfrevel der Fuhrwerke zu schützen, Knicks. Die großen Kämpe, im Herbst ein einziges Reich der Stoppelweide, schützten sich bloß durch tote Zäune; erst Ende des 18. Jahrhunderts sehen wir auf den Flurkarten das Ackerland sich massenhaft in Koppeln auflösen, und Knicks begrenzen auch die breiten Heerstraßen. Erst tief im 18. Jahrhundert begegnen Wörter wie „Knick“ und „Einkoppeln“. Der Knick gab dem Vieh Schutz und mehr Ruhe als der Hirte; der Knick wurde ein Hort der Insektenfresser; in knickfreien Dithmarschen gab es um 1790 Käferfraß und Mißwachs: der Knick schirmte den Klee davor, auszuwintern, der Knick schützte den Reisenden vor den Stürmen des Landes, es gab – oft ein Effekt des Bodens – in einem immer waldärmeren Lande in bequemer Lage Brenn- und Zaunbusch und entlastete die Gehege von landwirtschaftlichen Lieferungen […]
Die neuen Felder brachten einen gewaltigen Flurnamenwandel; sie wurden an den Eigentumsgrenzen mit Knicks umhegt; das Mittelalter besteinte und bestapelte (bepfählte) die Grenzen in der freien Natur, die Neuzeit arbeitete künstlich mit Wall, Graben und Knick; jetzt wird der sichtbare Individualismus wieder mit Röhren und Draht verwischt
Paul von Hedemann-Heespen: Die Herzogtümer Schleswig-Holstein und die Neuzeit, Kiel 1926, S. 518.

1949
Als stärkstes Argument gegen die Erhaltung der Knicks wird angeführt, daß sie viel Platz wengehmen. In den 70er und 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts ging man dazu über, viele Knicks abzutragen, weil man glaubte, daß die Nachteile überwiegen. Inzwischen kam man aber zu der Ansicht, daß der vielseitige Nutzen der Knicks, vor allem für die Viehzucht größer sei und daß man der Landschaft unserer Heimat ihren schönsten Schmuck raube, wenn man die Knicks abtrage. 1936 wurden die Knicks unter Naturschutz gestellt
Karl-Friedrich Holm: Die Knicks in Schleswig-Holstein, in: Die Heimat 56 (1949), S. 302-304, hier S. 304.

1956
Ich weiß, schon die Ueberschrift ist Sünde wider den Geist und bewirkt Stirnrunzeln bei den Naturfreunden. Die Mär lautet: Die Knicks bilden Windschutz und verhindern Verwehungen und Frostschäden; die Knicks bieten Nistgelegenheit für unsere Singvögel, die ihrerseits die bösen Schädlinge vernichten; die Knicks bieten unserem Vieh Schutz vor Wind, Sonne und Regen; die Knicks verbessern in unserem waldarmen Lande das Klima und sorgen dafür, daß unser Landvolk im Winter nicht zu frieren braucht; die Knicks sind eine für unser Land typische Naturschönheit und darum den Naturschutzämtern anvertraut. In weiser Erkenntnis aller dieser Vorteile haben unsere vorausschauenden Altvorderen im Schweiße ihres Angesichts die Knicks angelegt!? Oh, weit gefehlt, hätten unsere Altvorderen bereits Stacheldraht und Krampen gekannt, nicht ein Knick würde in Schleswig-Holstein stehen und uns an die Zeit der Koppelwirtschaft erinnern.
B. von den Decken: Das Märchen von den Knicks, in: Bauernblatt 10 (28. Jan. 1956), S. 143 [Repliken: 4. Feb. 1956, S. 193; 11. Feb. 1956, S. 245; 18. Feb. 1956, S. 296].

1956
Ich als Landwirt war sehr erschüttert, als ich las, daß unsere Knicks zwecklos sind und der Rodung preisgegeben werden müßten.
Walter Wacker: [Zu: Das Märchen von den Knicks], in: Bauernblatt 10 (4. Feb. 1956), S. 193.

1958
Da alle Faktoren mehr oder weniger unabwägbar sind, dürfte sich keine Rechnung aufmachen lassen, die saldenartig zu dem klärenden Ergebnis führt, daß die Knickanlagen überwiegend nützlich oder nachteilig sind. Mit dem Hinweis auf das wohltuende Gesicht der Landschaft wird allerdings eher angedeutet, daß die Wallhecken nachteiliger als nützlich sind. Denn es kommt im allgemeinen selten vor, daß das, was landschaftlich anmutig oder ‚bildschön‘ ist, auch landwirtschaftlich oder gar betriebswirtschaftlich annehmlich ist
Volker Volquartsen: Geschichtliches und Gegenwärtiges über die Knicks, in: Steinburger Jahrbuch 1958, S. 46-55, hier S. 52f.

1975
[Es] kann festgestellt werden, daß die Knicks mehrere notwendige Funktionen in unserer Landschaft erfüllen. Sie sind landeskundlich bedeutsame Zeugen der Agrarreform des 18. Jahrhunderts. Aus diesem Grunde sollten besonders ausgeprägte und ausgewählte Knicklandschaften trotz gelegentlich entgegenstehender technischer Gesichtspunkte mit behördlicher finanzieller Unterstützung erhalten werden. Das gleiche gilt für Knickabschnitte von wissenschaftlichem Wert, die als Naturdenkmale zu erhalten sind. In allen anderen Bereichen gehen ökologische und ökonomische Belange konform. Die günstigen physikalischen Wirkungen führen zu Mehrertrag von im Mittel etwa 10 Prozent. Das biologische Potential ist ein wesentlicher Faktor für die Aufrechterhaltung eines vielgestaltigen Landschaftshaushaltes mit seinen vielfältigen Wirkungen für den Ausgleich in der Landschaft, beispielgebend am klarsten zu erkennen in seiner Rolle für die kulturelle Schädlingsbekämpfung. Ohne die naturbetonten Elemente würde letztlich das Naturpotential der Landschaft zur dauerhaften nachhaltigen Nutzung für den Menschen zusammenbrechen.
Jürgen Eigner: Unsere Knicks im Natur- und Landschaftshaushalt, in: Schleswig-Holstein 27 (1975), S. 172-176, hier S. 176.

 

Mergeln

1701
Andere Arten, die Felder zu dungen […] Nicht das geringste Stuck, einen Acker gut zu machen, ist der Mergel, Schlicht oder Schlier, wie er in Osterreich genannt wird; welcher vom Plinio Terrae adeps, ibi densante se pinguitudinis nucleo, lib. 17, c. 6. […] Der Mergel ist an laimichten zähnen Orten nützlicher als der Dung. Man findet ihn fast allzeit wo Maraß und Sümpffe ausgetrocknet und mit Erden sind überdeckt worden
Wolf Helmhardt von Hohberg: Georgica curiosa aucta. Adelichen Land- und Feld-Lebens anderer Theil, Nürnberg 1701, S. 23.

1737
Marner […] mit Mergel das Feld düngen […]
Marniere […] Mergel-Grube
Johann Leonhard Frisch: Nouveau dictionnaire des passagers françois-allemand et allemand-françois, Leipzig 1737, S. 1300.

1801
Unser gefälliger Begleiter kam uns schon auf dem Wege nach dem Hofe entgegen, und brachte uns zuerst nach einer Mergelgrube, aus welcher er den noch übrigen Theil einer zum Rocken bestimmten Koppel befahren ließ. Sie war zirkelförmig, mit einer weiten senkrechten Oeffnung, in einem ziemlich hohen Berge dergestalt angelegt, daß, mittelst eines vorn angebrachten Einschnittes, das Fuhrwerk seinen Ein- und Ausgang nahm. Die Seitenwand der etwa 50 bis 60 Fuß tiefen Grube war in Bänken abgegraben, auf welchen in 2 Reihen 3 und 3 Arbeiter über einander standen, um den Mergel von oben herab auf die Grundfläche der Grube zu werfen, wo derselbe aufgeladen wird. […] Bey der beträchtlichen Weite der Grube konnten zu gleicher Zeit drey 4spännige Wagen rings umher in selbiger halten, von welchen jeder, außer dem Furhmanne, drey Leute beim Aufladen beschäftigte. […] Wir besuchten mehrere Mergelgruben nach einander, deren etwa 6 dort vorhanden sind. Der Mergel liegt ungefähr 6 Fuß unter dem ziemlich leichten Boden, und erstreckt sich bis zu einer sehr beträchtlichen und beinahe unergründlichen Tiefe. Es ist meistens ein leichter, lockerer, leicht zerreiblicher Thonmergel von gelber Farbe, der mit der Salpetersäure leicht und stark aufbrauset. […] Auf einer Tonne von 240 Quadrat-Ruthen bringt man 300 Karren Mergel. Nimt man nun jeden der letztern zu 15 CubikFuß an, so wird die Oberfläche beinahe einen Zoll dick mit Mergel bedeckt.« [d.h. 250 Kubikmeter pro Hektar]
Otte: Beschreibung einer landwirthschaftlichen Reise nach Emkendorf, in: Annalen der Niedersächsischen Landwirthschaft 3 (4. Stück) (1801), S. 321-340, hier S. 327-331.

1812
Die Probsteier hatten schon lange vorher, ehe sie das berühmte Mergeln entdeckten, sich mit Erdfahren beschäftiget. Sie fuhren nämlich aus den Gärten und freien Plätzen, wozu sie die Erlaubniß erkauften, die Dammerde ab und brachten diese nach ihrem Saatlande. Nachher verfielen sie zufällig darauf, blauen Lehm in den Wiesen zu suchen und diesen aufs Land zu bringen. Hiebei blieben sie lange, bis endlich vor 40 Jahren ungefähr zwei Probsteier, denkende Landleute, Adam Schneklot und Peter Götsch, es durch Zufall entdeckten, daß der Lehm vom Acker und von den Anhöhen auch sehr gute Wirkung leiste. Ersterer bemerkte dies an dem Lehm, den er zufällig aus einem Graben ausgeworfen hatte, und der andere hatte eben so zufällig Lehm aus einem Hohlwege auf ein Stück Land gebracht. Dies machte sie nun auf die verschiedenen Arten des Lehms aufmerksam
Anonymus: Über den Ursprung des Mergelns in der Preetzer Probstei, in: Neue Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte 2 (1812), S. 194-198, hier S. 194f.

1847
Adam Schneekloth [1726-1782] war ein Landmann in der Probstei, cinem zum adlichen Kloster Preez gehörigen Landdistrict. Dieser ließ, so erzählt man, auf einem seiner Aecker eine Tränkstelle graben, und die Erde über den Acker fahren. Wie er diesen nachher mit Roggen bestellte, bemerkte er, daß er an einigen Stellen weit üppiger wuchs, wie an den übrigen. Er forschte nach der Ursache und fand, daß dort von der Erde aus der Tiefe hingebracht worden war. Solches veranlaßte bei ihm, diese nachher zu untersuchen, freilich wohl nicht chemisch, etwa durch Säuren, sondern wie das äußere Ansehen, oder die Mischung beschaffen sei. Nach einer Erdart von gleicher Mischung und Ansehen suchte er weiter nach, brachte sie auf seinen Acker. Es zeigte sich gleiche Wirkung; nun setzte er dieses Verfahren fort. Einige der Nachbarn ahmten ihm darin nach und die Mergelwirthschaft nahm ihren Anfang, blieb aber zuerst mehrere Jahre auf die Probstei beschränkt, ehe sie sich über die Geest in den Herzogthümern, und später über das Königreich verbreitete.
Niels Nikolaus Falck: Beiträge zur Geschichte der schleswig-holsteinische Landwirthschaft, Kiel 1847, S. 88.

 

Stacheldraht

1881
Stacheldraht-Zäune […] Daß durch die Stachel am Draht das Vieh abgehalten wird, gegen die Befriedigung anzulaufen, kann wohl keinem Zweifel unterliegen.
Anonymus: Stacheldraht-Zäune, in Milch-Zeitung 10 (Nr. 17 v. 27. April 1881), S. 265.

1886
Ich beabsichtige, mein Grundstück mit einer Schutzhecke zu umgeben. Wie schütze ich aber das Grundstück und die Hecke selbst, bis sie groß geworden ist?
Legen Sie einen Stacheldrahtzaun an; derselbe ist billig, rostet nie und hält ungebetene Gäste von den umgebenden Flächen ab. Stacheldraht erhalten Sie von Felten und Guilleaume in Mühlheim a. Rh. und anderen.
Anonymus, in: Der Praktische Ratgeber im Obst- und Gartenbau 1886, S. 311.

1889
Die im östlichen Holstein allgemein vorhandenen „Knicke“ haben dort eine wirtschaftliche und klimatische Bedeutung […]. In den Marschen des westlichen Holsteins bilden die zur Abwässerung bestimmten Gräben die Grenze, im Gebirge, wo Holz genug vorhanden, werden Zäune errichtet. Aber auch dort fangen dieselben an zu verschwinden und dem Stacheldraht Platz zu machen, welcher sich in der Ebene überall, wo man einfriedigen will, am besten bewährt. Es ist dies deshalb von nicht zu unterschätzender Bedeutung, als gerade dadurch eine weitere Ausbreitung ständiger Weiden erleichtert ist.
Hugo Grahl: Die Kultur der Wiesen und ständigen Weiden, in: Theodor Goltz (Hg.): Handbuch der gesamten Landwirtschaft, Bd. 2. Acker- und Pflanzenbau, Tübingen 1889, S. 619-654, hier S. 654.

1926
das Mittelalter besteinte und bestapelte (bepfählte) die Grenzen in der freien Natur, die Neuzeit arbeitete künstlich mit Wall, Graben und Knick; jetzt wird der sichtbare Individualismus wieder mit Röhren und Draht verwischt
Paul von Hedemann-Heespen: Die Herzogtümer Schleswig-Holstein und die Neuzeit, Kiel 1926, S. 518.

 

Drainage

1847
Die Herren Danielsen, Wriedt und Rodde haben diesen Winter eine Drain-Preß-Maschine aus England bezogen, welche auf Dänisch-Nienhof aufgestellt ist und Drain-Röhren zum allgemeinen Nutzen anfertigen soll.
Wilhelm Hirschfeld: Wegweiser durch die Herzogthümer Schleswig und Holstein, Kiel 1847, S. 77.

1850
Zu den bedeutendsten Fortschritten in der Bodenkultur gehört unstreitig die Anwendung eines neuen oder eigentlich verbesserten Verfahrens der Boden-Entwässerung, welches unter der Bezeichnung „Drainage“ in Grosbritannien als ein kräftiger Hebel andauerender Boden-Verbesserung bereits allgemein verbreitet, nun auch in Frankreich, Belgien und Holstein festen Fuss gefasst hat und ohne Zweifel bald zu gleichmässiger Geltung gelangen wird. Unter Drainage (draining) wird im Allgemeinen die Kunst verstanden, den Boden von dem in demselben befindlichen Uebermasse an Wasser zu befreien.
Anton von Doblhoff: Über die Drainage, ein Beitrag zur wissenschaftlichen Begründung und zur practischen Ausführung dieses Systemes andauernder Bodenverbesserung und vermehrten Pflanzenbaues, Haag 1850, S. 1.

1851
Auch in Deutschland ist man in dieser hochwichtigen Angelegenheit nicht hinter Großbritannien und Belgien zurückgeblieben. Zuerst erfaßten Holstein und Schleswig die Sache und führten sie vielfach aus; von da aus verbreitete sie sich nach Mecklenburg, und in neuester Zeit hat die Drainage auch in Preußen und Oesterreich, dort unter Anregung und Unterstützung des Landesökonomiekollegiums, hier unter Beförderung des Ministeriums für Landeskultur, Eingang gefunden.
W.L.: Die vierzehnte Versammlung der deutschen Land- und Forstwirte in Salzburg, in: Deutsche Vierteljahrs-Schrift 3 (1851), S. 110-180, hier S. 151.

1853
Mit ausgezeichnetem Erfolge hat man in Schleswig-Holstein, Mecklenburg und Neuvorpommern in den vergangenen Jahren drainiert […]. Der strenge Thonboden, der undurchlassende Untergrund und das feuchte Klima verursachten daselbst in sehr vielen Fluren eine Nässe und Kälte des Landes, welche man mit wenig Kosten durch Drainage entfernt hat. Besonders begünstigt wird dort diese Entwässerung durch die hügelige Lage, welche überall das nöthige Gefälle darbietet.
Friedrich Schulze: Ueber Entwässerung des Bodes durch Thonröhren (Drainiren), Jena 1853, S. 13.

1856
Schon Anfang der 40-ger Jahre wurden einzelne Versuche mit Drainage-Anlagen in Holstein und Mecklenburg gemacht, allein nach Süddeutschland drang die Sache damals nicht. Im Jahre 1848 gab der Gutsbesitzer Herr v. Grohmann eine kurze Notiz über die in Schottland gebräuchliche Art zu drainiren, doch in jener turbulenten Zeit ward dieselbe nicht beachtet. Erst im Jahre 1850 ward die allgemeine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand durch die bekannte Brochure A. v. Doblhoff gelenkt, und von diesem Zeitpuncte an datirt sich das allgemeine Interesse und Einführung der Drainage in Deutschland.
F. Kreuter: Die Fortschritte der Drainage in Oesterreich, in: Jurende’s vaterländischer Pilger 43 (1856), S. 127-129, hier S. 127.

1952
Erst seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch die Röhrendrainage jene sauberen, flächigen Gutskoppeln, die heute eines der Kennzeichen der Gutslandschaft im Osten Schleswig-Holsteins sind.
Ingeborg Leister: Rittersitz und adliges Gut in Holstein und Schleswig, Remagen 1952, S. 112.

 

Gemeinheitsteilung

1766
[Es hat] sich nun geäußert, daß der behörigen Cultur der Ländereyen die unter den Lodseigenern herrschende gemeinschaftliche Nutzung derselben besonders schädlich ist […]
Wir […] verordnen und befehlen: 1) Daß nach dem Beyspiel der für Unser Königreich Dännemark in Annis 1758, 1759 und 1760 ergangenen Verordnungen, es einem jeden Lodseigener und eigenthümlichen Landinteressenten hinführo frey stehen soll, seine auf einer Stelle zusammen und für sich allein liegende, aus der gemeinen Weide genommene und ihm angewiesene Ländereyen, Aecker etc., worin niemand anders einige Gerechtigkeit oder einigen Antheil hat, einzuhegen , und er dagegen von seinem vorher gehaltenen und auf der Commune geweideten Vieh diejenige Anzahl abziehen müsse, wozu dieses eingehegte Stück angeschlagen ist, und nur das überschießende auf die gemeine Weide treiben lassen darf; so wie er auch die Kosten und Unterhaltung der Einhegung allein zu übernehmen hat
Verordnung, betr. die Beförderung der Einkoppelung und Aufhebung der Gemeinschaft der Dorfsfelder etc. für das Herzogthum Schleswig vom 10. Feb. 1766, in: Chronologische Sammlung der im Jahre 1766 ergangenen Königlichen Verordnungen und Verfügungen für die Herzogthümer Schleswig und Holstein, Kiel 1802, S. 5f.

1770
Wir Christian VII. u. thun kund hiemit: […] um die Aufhebung der höchstschädlichen, allen guten landwirtschaftlichen Einrichtungen und Verbesserungen nachtheiligen Feld-Gemeinschaften, mehr und mehr zu befördern, den fleißigen und bestrebsamen Landleuten die vortheilhafteste Nutzung des ihrigen nach Recht und Billigkeit zu erleichtern, allen dabey bemerkten Hindernissen, entstandenen Zweifeln und zu besorgenden Streitigkeiten durch Festsetzung bestimter […] Regeln abzuhelfen […]
Wir wollen und befehlen demnach:
1) Daß ein jeder Bohls- Hufen- und Staven- Besitzer oder Lods-Eigner, der sein Land für sich zu haben wünschet, und es einzukoppeln gesonnen ist, behuf des ihm auszumachenden Antheils eine allgemeine Vermessung gesamter Dorfs-Ländereyen zu verlangen befugt und berechtiget seyn solle .
Nähere Verordnung, die Aufhebung der Feld-Gemeinschaften und die Beförderung der Einkopplungen betreffend, für die Aemter, Landschaften und Städe des Herzogthums Schleswig, vom 26sten Januar 1770, in: Esmarch: Sammlung der Statute, Verordnungen und Verfügungen, welche das bürgerliche Recht des Herzogthums Schleswig betreffen, Schleswig 1846, S. 158.

1785
Die Gemeinheitstheilung geht voran.
Rezension: Leipziger Magazin zur Naturkunde, Mathematik und Oekonomie 1783, in: Allgemeine deutsche Bibliothek 62 (1785), S. 121.

1792
Von Gemeinheitstheilungen. § 311. Die von mehrern Dorfseinwohnern, oder benachbarten Gutsbesitzern, bisher auf irgend eine Art gemeinschaftlich ausgeübte Benutzung der Grundstücke soll, zum Besten der allgemeinen Landescultur, so viel als möglich, […] aufgehoben werden.
Allgemeines Gesetzbuch für die Preußischen Staaten, Theil 1, Berlin 1792, S. 728.

1876
ausserhalb der Dorfkoppeln lagen noch die unpfleglich behandelten Gemeinweiden voller Dorngestrüppe, Büsche, versumpfter Niederungen, Maulwurfshügel u. s. w., die mit Aus nahme der sterilsten Heidegegenden ergiebiger Cultur fähig waren. Gründlich zu helfen war nur durch Verwandlung der ganzen Feldmark in lauter Privatkoppeln nach mannigfachem Austausche der Ländereien in den Dorfkoppeln oder Kämpen, und durch Auftheilung der Gemeinweiden, womit die Feldgemeinschaft gänzlich wegfiel und Jeder die absolute Freiheit in der Bewirtschaftung erlangte; dazu wo möglich ein wenigstens partieller Ausbau der Hufen aus den Dörfern, um eine bessere Arrondirung zu erreichen. In dieser Weise wurde zu Warnitz auf Sundewitt (1 3/4 Meilen südöstlich von Apenrade) die Feldgemeinschaft schon in den Jahren 1710 und 1711 aufgehoben
Georg Hanssen: Zur Geschichte der Feldsysteme in Deutschland. Dritter Artikel. Die neuere Feldgraswirthschaft. Zweiter Abschnitt. Holsteinische Koppel-Wirthschaft. B. Geschichtliche Entwicklung derselben, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 32 (1876), S. 1-75, hier S. 56.

 

Flurbereinigung

1874
Wenn die Landwirthe in Hessen meinen […], daß ihr bestehender Flurzwang nicht eine Einrichtung ist, die ganz und gar unverträglich ist mit einemn intelligenteren Betrieb, wie er heute durchaus erforderlich ist und daß die Zusammenlegung der Grundstüđe und Flurbereinigung einen ungerechtfertigten Eingriff in das Vermögen des Einzelnen enthielte, so werden sie sich auch nicht beschweren können, daß sie z hoch besteuert sind.
R. Weidenhammer: Ansichten und Meinungen, in: Rheinische Wochenschrift für Land- und Volkswirthschaft 5 (7) (1874), S. 49-52, hier S. 51.

1877
Ich unterscheide, ohne auf alle die möglichen Einzelfälle einzugehen, in der Hauptsache eine Verlegung oder Umlegung der Grundstücke mit Anlage des erforderlichen Wegenetzes (Flurbereinigung. Regulirung der Gewanne und Parcellen) für sich, und dann dasselbe Verfahren in Verbindung mit einer mehr oder weniger weit gehenden Vereinigung der innerhalb einer Gewanne oder größeren Flurabtheilung zerstreut liegenden, in je einer Hand befindlichen Grundstücke, die eigentliche Zusammenlegung (Consolidation. Commassation. Verkoppelung. Arrondirung).
Adolf Krämer: Die verbesserte Feldeintheilung; ihr Wesen, die Art ihrer Durchführung, ihre Vortheile und ihre Anwendbarkeit in unseren Verhältnissen (1877), in: Beiträge zur Wirthschaftslehre des Landbaus, Aarau 1881, S. 335-355, hier S. 340f.

Eigenamen

 

Orte

Westensee

»Westensee, K.D. im G. gleichen Namens. Vererbpachtete Korn- und Graupenmühle. Armenhaus. Zur Wahl des Prdigers präsentirt der Gutsbesitzer; die Gemeinde wählt. E. Westensee, Bossee, Trentrade, Brux, Deutschneuhof, Ekhöft, Wrohe, Blocksdorf, Enekendorf, Pohlsee, Emkendorf, Bokelholm, Felde, Annenhof, Groß und Kleinschierensee, Hohenhude, Rodenbek, Kleinvollstedt.« (Dörfer 1803)

»Westensee; Kirchdorf am See gleiches Namens, im Gute Westensee; 21/4 M. südwestlich von Kiel, Br. 54° 16‘ 35“; L. 27° 33‘ 45“. ‒ Dieses schön belegene Dorf enthält außer der Prediger- und der Organistenwohnung 5 Vollh., 18 Kathen und Instenstellen und 2 Parcelenstellen; 2 Kathen heißen Krähenberg. – Hier ist ein, ursprünglich (1665 ) von dem Obersten Cay Bertram v. Brockdorff gestiftetes Armenbaus mit 3 Präbenden, welches auch in den Jahren 1679, 1680 und 1682 von dem Obersten Fr. v. Ahlefeld zu Obbendorf mit 1200 kS, die im Gute Westensee unablöslich radicirt sind, dotirt ward. Ferner sind hier eine vererbpachtete Korn- und Graupenmühle und ein Wirthshaus, mit welcher die Bäckerei-, Hökerei-, Brau- und Brennerei-Gerechtigkeit verbunden ist. — Die der heil. Katharina geweihte Kirche war ehemals eine Capelle, und ist, dem Anscheine nach, schon im 13. Jahrhunderte erbauet; sie ist zum Theil gewölbt, hat einen nur kleinen Thurm und eine Orgel. Vormals fanden zu dieser Kirche große Wallfahrten statt, und dadurch ward am 25. Novbr. in Westensee ein bedeutender Jahrmarkt gehalten. – Zur Wahl des Predigers präsentirt der Gutsbesitzer und die Gemeinde wählt. – Es sind hier viele Legate zum Besten der Prediger und deren Wittwen, so wie auch ein Altarlegat und ein Legat für das Ahlefeldsche Erbbegräbniß. – Eingepfarrt sind: das Gut Annenhof: Heidberg, Hohenbude, Rodenbek, Schneiderkathe, Sündenkathe; vom Gute Bossee: der Haupthof, Bosseerschoor, Bruchs, Rabensdamm, Rabensborst, Schönhagen, Trentrade; vom Gute Emkendorf: der Haupthof, Bokelholm, Dickendörn, Hopfenkrug, Kuhlenbrook, Lindberg, Stolzbrook, Klein-Vollstedt (z. Thl.); das Gut Deutsch-Nienbof: Ekhöft, Enkendorferholz, Eulenkrug, Josephinenhof, Liedbergskathe, Wrohe; vom Gute Klein-Nordsee: Felde, Moorhörn; Moorrägen, das Gut Pohsee: Blocksdorf, Enkendorf, Manhagener-Wassermühle, Raumkathe; das Gut Schierensee: Bollenhuus, Lustiger-Bruder, Lustige-Schwester; das Gut Westensee: Bekkathe, Krähenberg, Langenis, Westensee (Dorf); vom Amte Bordesholm : Bollhuserteich, Marienberg, Klein-Schierensee. ‒ Schule (28 K.). – Unter den Einwohnern sind : 1 Schmied, 1 Maler und 3 Schuster. Areal mit Inbegriff des Müblenlandes (47 Steuert.): 452 Tonnen, die Tonne zu 240 Q.R. – Der Boden ist größtentheils sandigt«. (Schröder 1841)

 

Deutsch-Nienhof

»Neuhof‒Teutsch-, (zum Unterschiede von Dänisch-Neuhof im Schleswigschen), A.G. Dt. Kiel, K. Westensee. Besitzer v. Rantzau; v. Blome; von Jessen; v. Hespen; seit 1776 Fideicommis der v. Hedemann-Hespenschen Familie. Lml. 11 Pfl. P. Ekhöft, Wrohe, Bloksdorf, Enekendorf, Pohlsee, Bollhusen, Mannhagen.« (Dörfer 1803)

»Nienhof, Deutsch-, (Neuhof, vorm. Nygenhove); adeliches Gut, 2 M. südöstlich von Rendsburg, im Kieler Güterdistricte; Ksp. Westensee. – In der ältesten Zeit gehörte dieses Gut der Familie Rantzau, und im Jahre 1501 hatte es der nachherige Rath des Königs Friedrichs I. und Amtmann auf Gottorf, Anton Rantzau, welcher 1533 starb; nach ihm erbte es dessen Sohn, der Landrath und Amtmann zu Segeberg, Gosche Rantzau zu Schierensee und Wahlsdorf; darauf dessen Sohn Daniel Rantzau zu Ahrensburg, welcher 1569 im Kriege blieb und keine Leibeserben hinterließ, worauf dessen Bruder Tönnies Rantzau in den Besitz kam; 1604 dessen Sohn Gosche Rantzau zu Westensee, welcher im Jahre 1616 starb; darauf erbten es dessen Söhne Golsche, Daniel, Tönnies und Peter Rantzau, die es bald darauf an den Jägermeister Otto Blome verkauften, welcher 1645 im Duell erschossen ward. Im Jahre 1654 ward das Gut an den Rittmeister Benedict von Ahlefeld verkauft, welcher hier eine Hofcapelle erbauete und im Jahre 1668 ein Armenhaus und 2 Schulen stiftete; dieser starb 1676 und späterhin erhielt es der Gebeimerath Th. B.v. Jess, der es 1711 besaß; darauf dessen Wittwe; 1738 der Landrath v. Buchwaldt; 1749 der Geheimerath Friedrich Christian v. Heespen zu Hemmelmark und Hohenstein, welcher 1776 starb, und der es dem jetzigen Besitzer , dem Major Christian Friedrich v. Hedemann, seinem Pathen, vermacht hatte, welcher den Beinamen Hespen annahm. – Deutsch-Nienhof war seit 1776 ein Fideicommiß der von Hedemann-Hespenschen Familie, doch ward dieses am 31. Decbr. 1803 aufgehoben, und statt desselben ein Capital von 200,000 wS im Gute belegt. – Es contribuirte ehemals für 11 Pfl.; der ehemalige Meierhof Pohlsee ist aber mit 6 Pfl. davon getrennt. – Das ganze Gut besteht: aus dem Haupthofe mit Liedbergskathe, Enkendorferholz, dem Meierhofe Josephinenhof, den Dörfern Ekhöft mit Steinkrug, Wrohe mit Eulenkrug. – Es hat im Ganzen ein Areal von 2307 Ton., die Tonne zu 240 Q.R., (1673 Steuert.; 123,750 wS Steuerwerth). – Die Dorfländereien sind in Zeitpacht gegeben. Der Haupthof hat, außer einem großen Antheile an den Westen-See, welcher aber nicht vermessen ist, ein Areal von 1171 Ton., worunter Acker 655 Ton., Wiesen 70 Ton., Hölzungen 403 Ton., Moor 10 Ton., Wege und Gärten 33 Ton. ‒ Der Boden ist hügeligt und größtentheils ein guter Mittelboden; die Wiesen sind gut, aber zum Theil moorigt. – Auf dem Hoffelde liegen einige Kathen beim Hofe, ohne besondere Namen; eine Kathe an der Emkendorfer Scheide heißt Liedbergskathe, und 2 Kathen werden Enkendorferholz genannt. ‒ Zahl der Einwohner: 344. ‒ Auf dem Hoffelde wohnen 1 Schmied und 1 Tischler. ‒ Das, in den letzten Jahren des vorigen Jahrhunderts erbauete, Wohnhaus hat 2 Etagen und 2 Flügel. – Die Untergehörigen des Gutes sind zur Manhagener-Mühle im Gute Pohlsee zwangspflichtig. Das Gut stelt 1 Reuterpferd. ‒ Nach einer Verfügung des Geh. Raths v. Hespen hat der Besitzer von Nienhof an die im Gute befindlichen bedürftigsten Armen jährlich 40 wS zu zahlen, jedoch so, daß keiner mehr als 1 wS vierteljährig erhalte. – In der Nähe des Wohnhauses sind noch Spuren alter Befestigungswerke, und auf der Feldmark und im Holze sind viele Grabbügel. Abgaben : Contribution 180 wS 4 ß, Landsteuer 525 wS 30 ß, Haussteuer –« (Schröder 1841)

Deutsch-Nienhof (Fideikommißgut), Ksp. Westensee, Amtsbez. Deutsch-Nienhof. (Am 1. Dezember 1900: 202 Ew.). 11 Pfl. – Gesamtareal: 1470 ha, davon Waldareal: 335 ha. Grundst. R.: 21258 M. – Besitzer und Gutsvorsteher: Regierungsrat v. Hedemann-Heespen. – Meierhof Josephinenhof, 154 ha, 2656½ M. – Dorf Wrohe, 214 ha Acker, 90 ha Wald. – Im Dorf Eckhöft stehen 46 ha, 604 M R. im Eigentum eines Gutsuntergehörigen. – 50 ha Acker und Wiesen, 7 ha Wald und 237 ha Wasser stehen im Allodialeigentum des Gutsherrn (nach d. Prov.-handbuch v. 1897).« (Oldekop 1908)

 

Ekhöft

»Ekhöft; Dorf am Westen-See, im Gute Deutsch-Nienhof; Ksp. Westensee; enthält 3 Halbh., von denen Eine ausgebauet ist und Steinkruf genannt wird, 2 Kathen und 1 Instenstelle. – Eine Hufe ist mit der Fischerei-Gerechtigkeit im Westen-See in Erbpacht gelegt. – Zahl der Einwohner: 52. Schuldistrict Wrohe. – Handwerker: 1 Schuster. – Areal: 329 Ton., die Tonne zu 240 Q.R., (277 Steuert.). – Der Boden ist zum Theil leichter Art, aber im Ganzen ein guter Mittelboden. – Im Jahre 1600 wurden hier in der Pestzeit 3 Hufen wüste, weshalb der Prediger und der Organist zu Westensee noch als Ersatz die Zinsen eines ausgesetzten Capitals von 100 kS erhalten.« (Schröder 1841)

 

Wrohe

de wrage, mittelniedd: »die Buße« (Paul v. HH 1898, S. 6)

Wrigha, altdänisch: »Bucht, Krümmung«

Wraa, altdänisch: »Ecke, Winkel« (Paul vHH 1906, I, 13; 22; 1922, 314)

Wrohe, (Wrau); Dorf im Gute Deutsch-Nienhof, südlich vom Westen-See; Ksp. Westensee; enthält 5 Halbh., 3 Kathen und 7 Instenstellen,von welchen lebten eine an der Schierenseer Scheide ausgebauete, Eulenkrug genannt wird. – Schule (80-90 K.). Hier ist ein Wirthshaus. Handwerker: 1 Rademacher, 1 Schmied und 1 Schuster. – Areal: 511 Ton., die Tonne zu 240 Q.R., (426 Steuert.). – Der Boden ist hügeligt, und größtentbeils ein guter Mittelboden. (Schröder 1841)

 

Ahrensee

arn, arne, arnt: »Adler« (Gloy 1893, 262)

 

Bossee

boch: »Bucht« (Paul vHH 1898, S. 6: die Schreibung des Ortes im 17. Jahrhundert lautete ›Bohesee‹)

budica, slawisch: »Wächterhütte« (Paul vHH 1906 II, S. 124)

 

Bollhusen

»schon 1371 als Waldname erwähnt, dürfte im 11. Jahrhundert aufgegeben worden sein und sich seitdem als Flurname erhalten haben« (Benesch 1999)

 

Langwedel

1197 lancwedele, altsächsischer Ortsname, »Siedlungskontinuität seit dem 10. Jahrhundert wahrscheinlich« (Benesch 1999)

 

Groß Vollstedt

ca. 1200 volcstide, altsächsischer Ortsname (Benesch 1999)

 

Marutendorf

1264-89 maruthendorpe, slawisch-deutscher Mischname (Benesch 1999)

 

Westensee, Schierensee

Kolonisationszeitliche deutsche Namen (nach 1140) (Benesch 1999)

 

Literatur

Johann Friedrich August Dörfer: Topographie von Holstein in alphabetischer Ordnung, Schleswig 1803.

Johannes von Schröder: Topographie des Herzogthums Holstein, Bd. 1, Oldenburg 1841.

Arthur Gloy: Tiernamen in den Orts- und Flurnamen Schleswig-Holsteins, in: Die Heimat 3 (1893), S. 262-263.

Paul von Hedemann-Heespen: Die ältere Geschichte der Kirche zu Westensee, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 28 (1898), S. 3-178.

Hermann Jellinghaus: Holsteinische Ortsnamen, in: Zeitschrift der Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte 29 (1899), S. 203-327.

Paul Bronisch: Die slavischen Ortsnamen in Holstein und im Fürstentume Lübeck, 3 Bde., Sonderburg 1901-03.

Paul von Hedemann-Heespen: Geschichte der adeligen Güter Deutsch-Nienhof und Pohlsee in Holstein, 3 Teile, Schleswig 1906.

Henning Oldekop: Topographie des Herzogtums Holstein, Bd. 2, Kiel 1908.

Paul Dohm: Holsteinische Ortsnamen. Die ältesten urkundlichen Belege gesammelt und erklärt, Kiel 1908.

Otto Mensing: Schleswig-Holsteinisches Wörterbuch, 5 Bde., Neumünster 1927-1935.

Heinz Ramm: Slawen um 1150 im Kirchspiel Nortorf, in: Walther Lammers: Germanen und Slawen in Nordalbingien, in: Zeitschrift der Gesellschaft für schleswig-holsteinische Geschichte 79 (1955), S. 77-80.

Otto Clausen: Flurnamen Schleswig-Holsteins, Rendsburg 1952, 2. Aufl. 1988.

Wolfgang Laur: Die Ortsnamen im Kreise Rendsburg, in: Rendsburger Jahrbuch 1954, S. 45-86.

Wolfgang Laur: Die Ortsnamen in Schleswig-Holstein, Schleswig 1960.

Wolfgang Laur: Historisches Ortsnamenlexikon von Schleswig-Holstein, 2. Aufl. Neumünster 1992.

Antje Schmitz: Die Orts- und Gewässernamen des Kreises Ostholstein, Neumünster 1981.

Friedhelm Debus und Antje Schmitz: Die slawisch-deutschen Mischnamen im ost- und südholsteinischen Siedlungsgebiet, in: Onomastica Slavogermanica 19, Berlin 1990, S. 67-76.

Johann Eike Benesch: Der Isarnho, in: Jahrbuch für das ehemalige Amt Bordesholm 1 (1999), S. 59-93.

Antje Schmitz: Flurnamen slawischer und slawisch-deutscher Herkunft im östlichen Holstein, in: Friedhelm Debus (Hg.): Onomastische Studien zu slawischen Flur- und Siedlungsnamen. Ausgewählte Untersuchungen im südlichen Ostseeraum, Neumüsnter 2010, S. 13-79.

 

Feldflur

Ackerland

Blotenberg

Blotenberg = der »bloße Berg«, d.h. Fehlen alter Bewaldung (Pau vHH 1906 II, 115)

Böothen: »Der Name gehört wohl zu apolb. [altpolabisch] błoto n., ‚Sumpf, Morast, Schlamm, Kot, sumpfiger Laubwald‘« (Schmitz 2010, S. 20)

 

Rehmenkoppel

rem: »Riemen, Streifen, namentlich Holzstreifen zwischen Äckern an Stelle von Knicken« (Jellinghaus 1899, S. 291)

Rehmen = »Randkoppel« (Paul vHH 1906 II, 115)

»Rem, Rehm, Remel, Remen, Remels, Remelsch (nd) = schmaler Streifen Landes an der Seite eines Feldes; schmale Wiesen am Rande einer Hölzung; schmaler Gehölzstreifen in der Feldmark; Grundbedeutung: Rand, Einfassung« (Clausen 1988, S. 92)

Koppel: »Koppel bezeichnet nicht nur eingehegte Privatkoppeln, sondern fast immer Felder, die den Dorfbewohnern gemeinsam sind; eingehegt natürlich und daher wohl stets neueren Ursprungs als die alten Kämpe, vielleicht der ewigen Weide entnommen oder dem gerodeten Walde« (Paul vHH 1906 II, 118)

»Koppel: (nd.); s. dn. Kobbel! = ein mit Wall und Zaun eingefriedigtes Landstück; drang mit dem Niederdeutschen von Holstein nach Schleswig und Nordfriesland vor; 1254 coppeln bei Uetersen; 1340 coppele bei Rendsburg« (Clausen 1988, S. 67)

 

Sickacker

sik: »Schmale Niederung mit Wasserrinne« (Jellinghaus 1899, S. 297)

sieck: »lange Niederung« (Paul vHH 1906 II, 118)

acker: »Bestelltes Land. Vor der Einkoppelung der von dem Einzelnen bebaute Streifen des Schlages« (Jellinghaus 1899, S. 210)

»Siek, Sick (nd.) […] = Bodensenke; feuchtes, mit Seggen bestandenes Land; oft für unkultiviertes Wiesenland; ags sic = Wasserlauf; mnd sik = sumpfige Niederung« (Clausen 1988, S. 101)

 

Auf dem Kamp

kamp: »Eingefriedetes Ackerland, Weide, Holzung. Noch als Bezeichnung großer Koppeln oder mehrerer Koppeln in Gebrauch« (Jellinghaus 1899, S. 269)

»Kamp: (nd); lat. campus = das Feld; schwankende Bedeutung; Komplex von gleichen Ackerstücken, die gemeinsam bewirtschaftet wurden und sich durch eine Einfriedigung von der übrigen Dorfflur abhoben; auch = gerodetes Waldland oder: breite, runde Feldkuppe mit steinigem Untergrund« (Clausen 1988, S. 60)

 

Seekoppel

 

Haarkoppel

»Har, Harde, Harder, Hirte: (nd.) = Hirte.« (Clausen 1988, S. 48)

 

Wurth

»Wurthkoppeln umgeben jedes der Dörfer in nächster Nähe, sie bilden die eigentliche Terraingrundlage der Ansiedelung, stehen im Privateigentum der einzelnen und werden als Wischhöfe verwendet« (Paul vHH 1906 II, 118f.)

»“Straße“, „Platz vor dem Haus“ […]. Das nach seiner Herkunft nicht aufgeklärte Wort übersetzt in unseren ältesten Urkunden das lateinische area […]; es bedeutet also wohl wie dieses zunächst einen hochgelegenen freien Platz, besonders eine Erhöhung zur Aufnahme von Wohnungen, in den Marschen die vor aufsteigendem Wasser geschützten, eingezäunten künstlichen Erdhügel, auf denen die ältesten Häuser und Dörfer lagen […]; weiter dann das einzelne auf einer Erhöhung gelegene Haus mit Einschluß der unmittelbar angrenzenden Ländereien (Acker, Wiese, Gartenland), die von der Feldgemeinschaft ausgeschlossen waren und als Sondereigentum galten […]; „die eingehegte Hofstätte“, „der erhöhte Hausplatz“ […]. Weiter eingeschränkt: „die am Hause gelegenen Ländereien“« (Mensing V, 743).

»ein nd. wort, das nur in der bedeutung ‘erhöhte hausstätte’ (s. u. 3) eingang in die nhd. schriftsprache gefunden hat. as. uurđ, uurth, f. ‘boden’, mnd. wurt, wort, wurde, worde ‘hofstätte, area’; mnl. woert, f. ‘ein stück land, worauf ein hof mit seinen nebengebäuden steht’ […]
1) in der ältesten bezeugung ‘boden, ackergrund’ […]
2) ‘eigenbesitz an grund und boden, grundstück, hofstatt; die unmittelbar beim haus liegenden eingefriedigten ländereien’. […]
a) ‘grundstück, hofstelle; platz, auf dem gebäude stehen oder errichtet werden können’. […]
b) vom grundstück auf das darauf errichtete gebäude übertragen […]
c) eingeschränkt auf einen teil des hofgrundstücks: ‘eingefriedigtes feld-, weide- oder gartenstück in unmittelbarer nähe des hauses’.«
(Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, www.dwb.de).

»Wurt, Wörde, Wörden: (nd) = erhöhter Bauplatz in der Marsch. Auf der Geest auch Hinweis auf Wüstung möglich« (Clausen 1988, S. 131)

 

Knollrade

knöll: »kleiner Erdhügel, zu mnd. knovel Knöchel« (Jellinghaus 1899, S. 272)

»Knoll: (nfr) = Knolle, kleiner Haufen« (Clausen 1988, S. 64)

rade: »Rodung« (Jellinghaus 1899, S. 289)

 

Hartschoor

Hart: »Hirsch« (Paul vHH 1906 II, 117)

»Haart, Hart, mnd herth, hert, hart = Hirsch« (Clausen 1988, S. 48)

 

Steinkrugkoppel

 

Nedderste Koppel

»Neder (dn); nedder: (nd, nfr) = nieder, unter« (Clausen 1988, S. 82)

 

Bäverste Koppel

»Bawer, böwer: (nd) = oberhalb« (Clausen 1988, S. 21)

 

Hoepen Sahren Koppel

hoep: »werden wohl vom Hopfen so heißen; sicher ist es nicht« (Paul v HH 1906 II, 123)

 

Hoeps Koppel

hoep: »werden wohl vom Hopfen so heißen; sicher ist es nicht« (Paul v HH 1906 II, 123)

»Hop (nd.) = Haufen, Versammlungsort; feste Stellen im Moor; kleines, im Feld liegendes Gehöft; in Dithm. und angrenzender Geest: eine aus flachem Gelände sich erhebende Anhöhe« (Clausen 1988, S. 54)

 

Ellerhoop

Eller: Erle

Hoep: »ein Haufen« (Paul v HH 1906 II, 123)

 

Bruns-Rajen

Brun: »Personenname« (P vHH 1906 II, 116)

rade: »Rodung« (Jellinghaus 1899, S. 289)

 

Wiesenland

Wüste Arb Vieh

»An unurbare Sümpfe erinnern die Namen auf vi; das Wüstarbsvieh deutet P. Bronisch nach dem slavischen vostorgu = Schanze oder Wall; die Lage über Eckhöft läßt an eine Bauernburg denken« (Paul vHH 1906 II, 117)

»wahrscheinlich stückweise verloste Dorfwiese« (Paul vHH 1906 II, 131)

»Vie, Vi, Vihe, Vigge: (nd) = mnd Vi, vihe = Sumpf, Bruch; heute meistens Wiesenland« (Clausen 1988, S. 123)

 

Ohle Wiese

»Ol: (nd) = alt« (Clausen 1988, S. 84)

 

Pümpel Wiese

»P.[olnisch] pep, pem Rabel, in slavischen Sprachen häufig zur Bezeichnung flacher Hügel gebraucht« (Bronisch II, S. 8)

Pümpel: »Pimpelnuß; die Pümpel genannten Klötze zum Verhindern des Durchbrechens der Pferde, Starken usw. auf der Weide werden aus diesem Holz geschnitten und dies letztere mag zahlreich […] in der Eckhöfter Pümpelwiese zu finden gewesen sein. Oder es ist wieder ein slavischer Name, abgeleitet von pemp = flache Erhebung oder von popawa = caltha palustris« (Paul vHH 1906 II, 116f.)

popawa, slaw.: »Butterblume« (Paul vHH 1992, S. 314)

 

Ohlendieck

»Ol: (nd) = alt« (Clausen 1988, S. 84)

Dick: »Wiese« (Paul vHH 1906 II, 118)

»wahrscheinlich stückweise verloste Dorfwiese« (Paul vHH 1906 II, 131)

»Diek: (nd) = 1. Teich; Dorfteich, in dem das Vieh getränkt wird […]; 2. = Damm, Deich« (Clausen 1988, S. 30)

 

Bornwiese

Bornwiese = »quellige Wiese« (Pau vHH 1906 II, 115)

»Born, Borne, Borm, Bahren: (nd) = Quelle, Quellgebiet, Brunnen« (Clausen 1988, S. 25)

 

Mittelsten Sejen

Sejen = »Sichte, Niederung, Haalung (dem Zugwind ausgesetzt)« (Paul vHH 1906 II, 115)

»Segen, Seden, Sehen, Seg, Sen, Sicht: (nd) = niedrige Stelle im Ackerland, die im Winter unter Wasser steht, im Sommer aber meist ausgetrocknet ist; oft mit Schilf oder schilfartigem Gras bestanden; diese Stellen der stauenden Nässe haben einen festen, sandigen Untergrund, so daß sie bei Entwässerung der Umwandlung in eine Wiese keine großen Schwierigkeiten bieten« (Clausen 1988, S. 100)

 

Ravens Wiese

Rave: »Rabe« (P vHH 1906 II, 117)

 

Grote Eckersbroock

Ecker: Eiche

brook: »Bruch, von Wasser durchzogene, meist mit Gehölz bestandene Fläche« (Jellinghaus 1899, S. 227)

»Brook: (nd) = Bruch; sumpfiges, von einem Rinnsal durchzogenes Gehölz; Waldniederung« (Clausen 1988, S. 27)

 

Eckersbroock

Ecker: Eiche

brook: »Bruch, von Wasser durchzogene, meist mit Gehölz bestandene Fläche« (Jellinghaus 1899, S. 227)

»Brook: (nd) = Bruch; sumpfiges, von einem Rinnsal durchzogenes Gehölz; Waldniederung« (Clausen 1988, S. 27)

 

Lütje Eckerbroock

 

Beeck-Wiese

beck: »Bach, namentlich von ganz schmalen Bächen« (Jellinghaus 1899, S. 214)

»Bek: (nd) = Bach, fließendes Gewässer von geringer Breite« (Clausen 1988, S. 21)

 

Hoeps Wiese

hoep: »werden wohl vom Hopfen so heißen; sicher ist es nicht« (Paul v HH 1906 II, 123)

 

Hoeps Sejen

hoep: »werden wohl vom Hopfen so heißen; sicher ist es nicht« (Paul v HH 1906 II, 123)

Sejen = »Sichte, Niederung, Haalung (dem Zugwind ausgesetzt)« (Paul vHH 1906 II, 115)

 

Wischhof

Wisch: »Sumpf« (Paul vHH 1906 II, 118)

»Wisch (nd) = Wiese; allgemeines Wort für nutzbares, feuchtes Grasland, das ursprünglich im wilden Zustande dalag, aber ertragreicher als „Sech“ war« (Clausen 1988, S. 129f.)

 

See Wiese

 

Langebleckwiese

blek: »holzfreie Stelle, Anger« (Jellinghaus 1899, S. 221)

 

Achterste Bläck-Wiese

blek: »holzfreie Stelle, Anger« (Jellinghaus 1899, S. 221)

»Blick, Bleck, Blek, Bleek: (nd) = 1. ein meist eingefriedigtes, abgeschlossenes Stück Land; Fleck Erde; kleiner Raum; besonders Grasland beim Haus (Toft)« (Clausen 1988, S. 22)

 

Sohrenblecks-Wiesen

»Sor, Soor, Sorr, Sühr, Sören: (nd) = trocken, dürr« (Clausen 1988, S. 106)

 

Boyenbeek-Wiese

 

Knollrajes Wiese

rade: »Rodung« (Jellinghaus 1899, S. 289)

 

Langenbrook

brook: »Bruch, von Wasser durchzogene, meist mit Gehölz bestandene Fläche« (Jellinghaus 1899, S. 227)

 

Hoepen Sarens Wiese

Hoep: »ein Haufen: nämlich trockenen Sandlandes« (Paul v HH 1906 II, 123)

 

Baeckbarg-Wiese

»Barg: (nd) = Berg« (Clausen 1988, S. 20)

 

Lütje Broock Wiese

brook: »Bruch, von Wasser durchzogene, meist mit Gehölz bestandene Fläche« (Jellinghaus 1899, S. 227)

 

Emcken Rajes Wiese

Emcke: »Personenname« (P vHH 1906 II, 116)

rade: »Rodung« (Jellinghaus 1899, S. 289)

 

Eller Wiese

Eller: Erle

 

Roßsejen

rösch, rusch: »Binse« (Jellinghaus 1899, S. 293)

Roß (Rusch): »Nässe« (P vHH 1906 II, 117)

»Rosch, Rüsch, Rusch: (nd) […] = Binse (Juncus effusa)« (Clausen 1988, S. 94)

Sejen = »Sichte, Niederung, Haalung (dem Zugwind ausgesetzt)« (Paul vHH 1906 II, 115)

 

Kommentar

»Auf dem Hoffeld von Deutsch-Nienhof sollen slawische Flurnamen vorkommen, z. B. Pümpelwiese von slaw. popawa = Butterblume, Luesblatt von lipsowe[,] bloto = Waldsumpf (dagegen niederdt. lûs = Schilf), Sörepenborn von zoravjeborno = Kranichsumpf, Würenkamp von vorny = Krähen, Bollensack von bjoluceck = ganz weiß oder, wobei wir gleich die wahrscheinlichere deutsche Deutung anfügen: Homissen (= Wald-Sumpf). Reppel Deutung?‚ aber Kattreppel in Dithmarschen, Heusch ( = Busdiwald). Diese Beispiele zeigen, daß die Flurnamen ein deutsches Gepräge haben und ihre slawische Interpretation willkürlich ist. Gibt v. Hedemann-Heespen selber die Möglichkeit der Mehrdeutigkeit zu, so begibt er sich der Überzeugungskraft seiner Argumentation.« (Ramm 1955, S. 79).